Die Standseilbahn Meran-Schenna-Tirol: Ressortdirektor Martin Vallazza zum aktuellen Stand

Trasse Standseilbahn Meran-Tirol-Schenna © Provinz Bozen/ Amt für Mobilität

Das Projekt einer Standseilbahn zwischen Meran, Schenna und Tirol wird im Burggrafenamt seit Jahren diskutiert. Seitdem Rom die Zusage gegeben hat, dass die Gelder für die Ausarbeitung und Verbesserung der Mobilität in Südtirol verwendet werden dürfen, laufen die Vorbereitungsarbeiten auf Hochtouren. Wie es heißt, müssen die Arbeiten bis Ende 2025 vergeben sein. Im Wortlaut der aktuellen Projektbeschreibung ist von „einem intermodalen ÖPNV-Projekt“ die Rede, dass bis dahin geschaffen werden soll und „eine neue Standseilbahn, ein Bus Rapid Transit–System in Meran, einen Umsteigeknoten und ein Shuttlebusse nach Tirol, Schenna und ins Passeiertal“ umfasst. Im Gespräch mit dem Landesressortdirektor Martin Vallazza

Herr Vallazza, Sie sind seit 2021 Ressortdirektor des Landes für Mobilität und Infrastrukturen und dadurch eine der Schlüsselpersonen für das Projekt der Standseilbahn Meran-Schenna-Tirol. Geben Sie uns einen kurzen Überblick zum geplanten Vorhaben?

Martin Vallazza: Das Projekt sieht eine Standseilbahnverbindung zwischen Meran und Schenna, mit zwei Zwischenstationen in der Handwerkerzone Tirol und beim Ofenbauer vor. Um das Standseilbahnprojekt mit dem öffentlichen Verkehr zu verbinden ist zudem ein sogenanntes BRT-System (Schnellbussystem) in Meran und ein Shuttlebus-System in Schenna vorgesehen. Man sieht daraus, dass es sich nicht um einzelnes Projekt handelt, sondern ein Teil eines Gesamtsystems zur Stärkung des öffentlichen Verkehrs und zur Reduzierung des Straßenverkehrs.

In den vergangenen Jahren hat man wenig Konkretes über das Projekt der unabhängigen Verkehrsanbindung Meran, Schenna, Tirol gehört. Inzwischen stehen alle Varianten, Machbarkeitsstudien und Projektunterlagen online frei zur Einsicht bereit. Wie ist das zu erklären?

Im Sommer 2022 hat sich nach längerer Intervention von Landesrat Alfreider und Landeshauptmann Kompatscher die Möglichkeit aufgetan, dass auch Südtirol Anrecht hat auf einen wichtigen finanziellen Beitrag aus Rom für sogenannte Massentransportmittel. Nur durch diese Geldmittel war an eine effektive Umsetzung dieses Bauvorhabens zu denken. Im letzten Sommer musste dann innerhalb knappen 2 Monaten ein eigenes Vorprojekt des Landes erarbeitet werden, welches wir aber natürlich mit den betroffenen Gemeinden abgestimmt haben. Da in dieser kurzen Zeit aber keine ausreichende Diskussion mit den Betroffenen möglich war, haben wir schon im Sommer zugesagt, dass wir das Projekt mit allen Beteiligten diskutieren werden, sollte die Finanzierung aus Rom zugesagt werden. Und aus diesem Grund haben wir uns auch für die volle Transparenz zu diesem Projekt entschieden.

Inwieweit werden Bürgerinnen und Bürger in den Entwicklungsprozess miteinbezogen?

Am 15.02.2023 wurde an einem ganzen Tag von morgens 9 Uhr bis abends 23 Uhr, die alle interessierten Bürger und der Gemeinderat von Meran informiert. Ergänzend dazu gab es Ende März auch eine Info-Veranstaltung, welche explizit an die möglicherweise betroffenen Grundeigentümer gerichtet war. Daran anschließend wurde an zwei Nachmittagen jeweils für 4 Stunden mit den Gemeinden und Interessenvertreter aus dem Bereich Tourismus, Wirtschaft, Landwirtschaft, Umwelt und dem Komitee „So nicht“ das Projekt in allen Fassetten durchdiskutiert. Dabei kamen auch sehr interessante Verbesserungsvorschläge, die wir nun auch gerne einarbeiten werden.

Ziel des Projektes ist es Straßen von Meran vom Auto- und Busverkehr zu entlasten. (…) Mit der Standseilbahn kann die Achse Schenna-Obermais-Meran vom Straßenverkehr entlastet werden und eine echte Alternative zur Straße geschaffen werden.

Martin Vallazza, Ressortdirektor Landesabteilung 38 – Mobilität

Die beiden Schwerpunkte des ÖPNV-Projekts liegen einerseits auf der „neuen Standseilbahn“ und andererseits auf dem sogenannten BRT-System. Was bedeutet das aber konkret?

Ziel des Projektes ist es Straßen von Meran vom Auto- und Busverkehr zu entlasten. Mit der Nordwestumfahrung wird dazu bereits ein wichtiger Schritt für die Achse Tirol-Passeier-Meran erreicht. Allerdings wird durch die Umfahrung der Verkehr nur von der Stadt in den Tunnel verlagert. Mit der Standseilbahn kann die Achse Schenna-Obermais-Meran vom Straßenverkehr entlastet werden und eine echte Alternative zur Straße geschaffen werden.

Wie ich gehört habe, bereitet die geplante Standseilbahn von Meran nach Schenna einigen Bürgerinnen und Bürgern starke Kopfschmerzen. Was sind die wichtigsten Gründe dafür? Wenn ich richtig informiert bin, gab es zehn mögliche Varianten für den Streckenverlauf des sogenannten Hauptnetzes des künftigen Verkehrs zwischen Meran, Schenna und Tirol.

Ein großes Anliegen der Bürgerinnen und Bürger war vor allem die Information zum Projekt und welche Vor- und Nachteile dieses hat. Die Anrainer der möglichen Talstation – Standortes Karl Wolf Platz haben die Sorge, dass sich ihr Viertel durch dieses Projekt ändern könnte. Aus diesem Grund wurde auch eine mögliche Talstation in der Galileistraße überprüft.

Die Talstation in der Karl Wolf Straße wurde im ursprünglichen Projekt so gewählt, da diese eine sehr gute Anbindung an das Busnetz ermöglicht. Zudem ist dieser Standort näher zum Schulzentrum und Krankenhaus.

Martin Vallazza

Das Komitee „Standseilbahn Meran–Schenna so nicht!“ äußerte insbesondere bei der Errichtung der Talstationin der Karl-Wolf-Straße harsche Kritik. Was sind die Vor- und Nachteile dieser aktuellen Talstation-Variante?

Die Talstation in der Karl Wolf Straße wurde im ursprünglichen Projekt so gewählt, da diese eine sehr gute Anbindung an das Busnetz ermöglicht. Zudem ist dieser Standort näher zum Schulzentrum und Krankenhaus. Nachteil dieser Variante ist, dass sie etwas weiter vom historischen Stadtzentrum entfernt ist. Die Variante einer Talstation in der Galileistraße hingegen hat den Vorteil der Nähe zum historischen Stadtzentrum, zur neuen Kavernengarage und auch zum Sessellift nach Tirol. Der Nachteil dieser Variante ist allerdings die schlechtere Anbindung an das Busnetz und die größere Entfernung zum Schulzentrum und zum Krankenhaus.

Wenn der Großteil der geplanten Trasse auch unterirdisch zu verlaufen scheint, wird vor allem der Abschnitt zwischen dem Zwischenstopp auf der Höhe der Industriezone „Zenoberg“ und der beim „Ofenbauer“ sichtbar bleiben. Wie wird der Verlauf an diesen Stellen in das bestehende Landschaftsbild integriert?

Der freie Trassenverlauf zwischen der Handwerkerzone Tirol und kurz vor Schenna war Teil des zweiten Workshops mit den Interessenvertretern. In diesem Bereich soll die Trasse auf eine möglichst Landschaftsschonenden und leichten Stahlkonstruktion verlaufen. Dabei ist es sehr wichtig, die bestehenden Obstbauflächen und auch die Natur- und Erhöhungsflächen möglichst wenig zu belasten. Das kann erreicht werden, indem der Trassenverlauf möglichst nahe am Flusslauf der Passer angeordnet wird und sich sonst möglichst entlang von Wegen oder Grundstücksgrenzen orientiert.

Eine Frage, die sich viele Bürggäfler stellen, ist jene der Anbindung an die Gemeinde Tirol. Nebst der voraussichtlichen Zwischenstation bei Zenoberg war lange Zeit davon die Rede, dass im Zuge der Realisierungsarbeiten auch der bestehende Sessellift nach Tirol erneuert wird. Doch das scheint nun nicht mehr der Fall zu sein. Oder bin ich da falsch informiert? Ich habe z. B. von Gerüchten gehört, dass nun ein unterirdischer Aufzug geplant sei. Wie ist hier der aktuelle Stand?

Für uns ist es wichtig, dass die Gemeinde Tirol eng in die Planungsarbeiten eingebunden ist und auch die Anbindung von Tirol mitgedacht wird. In Abstimmung mit dem Land ist die Gemeinde Tirol gerade dabei dazu eigene Ideen auszuarbeiten.

Wie ich der Mitteilung des Landespresseamtes vom 21. April 2023 entnehme, haben die Interessensvertreter aus der Arbeitsgruppe „Seilbahn Meran Schenna“ nach mehreren intensiven Treffen den Optimierungsprozess am Projekt beendet. Was waren die Ergebnisse dieser Treffen und wie geht es konkret mit den Arbeiten nun weiter?

Es waren zwei sehr intensive Nachmittage, an denen über das Projekt diskutiert wurde und alle technischen Details von den Planern erklärt wurden. Sowohl die Befürworter als auch die Gegner des Projektes konnten ihre Meinung offen äußern. Nun werden wir die Optimierungsvorschläge und auch die Meinung der Befürworter und Gegner der Politik vorstellen und zur Entscheidung vorlegen.

Ich konnte an der Idee zu einer Standseilbahnverbindung schon vor rund 20 Jahren als junger Ingenieur mitplanen. Daraus sieht man, dass die Idee schon lange existiert. Nun besteht meiner Meinung nach durch die Anschubfinanzierung aus Rom, die einmalige Chance das Projekt auch umzusetzen.

Martin Vallazza

Zum Schluss noch eine sehr persönliche Frage. Was liegt ihnen in ihrer Funktion als Ressortdirektor an diesem Projekt besonders am Herzen und was wünschen Sie sich in Hinblick auf die Realisierungsarbeiten?

Ich konnte an der Idee zu einer Standseilbahnverbindung schon vor rund 20 Jahren als junger Ingenieur mitplanen. Daraus sieht man, dass die Idee schon lange existiert. Nun besteht meiner Meinung nach durch die Anschubfinanzierung aus Rom, die einmalige Chance das Projekt auch umzusetzen. Ich hoffe, dass wir durch den intensiven Austausch mit den Bürgern nun ein Projekt entwickelt haben welches von einem Großteil der Bevölkerung als Vorteil gesehen wird. In der Umsetzung werden wir sehr auf einen möglichst schonenden Bauablauf sowohl für die Anrainer als auch für die Landschaft achten.

Dieser Beitrag erschien in der Bezirkszeitung Die BAZ. Näheres unter diebaz.com. Hier geht’s zurück zur Startseite von tirol news!

Bildnachweis: Trasse Standseilbahn Meran-Tirol-Schenna Rendering © Ressort für Mobilität/ Land Südtirol
  • 1. Juni 2023