„Cherry Moon“ blicken auf 30 Jahre Bandgeschichte zurück
Die Musikgruppe „Cherry Moon“ war in den 1990er Jahren ein „Stern“ der Südtiroler Popkultur. Mit über 10.000 verkauften Tonträgern, weit über 90 Konzerten im In- und Ausland sowie mehrfachen Auszeichnungen als erfolgreichste Band in Südtirol feierte die Musikformation 2023 ihre 30-jährige Bandgeschichte. Grund genug, die alten Zeiten wieder hochleben zu lassen.
Die Familie Ratschiller ist in Burgstall seit jeher für ihre Kreativität und ihr kulturelles Interesse bekannt. Es verwundert daher nicht, dass die Geschichte der wohl bekanntesten lokalen Musikformation eng mit dieser Familie verbunden ist. Bereits in jungen Jahren träumten die Zwillingsbrüder Valentin und Thomas „Tommy“ Ratschiller davon, eine eigene Band zu gründen.
Alles begann mit „Black Virgin“
Nach einigen anfänglichen Versuchen gründeten die zwei Burgstaller Anfang der 1980er Jahre ihre erste Band „Black Virgin“, aus der 1986 schließlich die Rockgruppe „Evelyn“ hervorging. Die fünfköpfige Rockgruppe setzte sich damals zusammen aus Tommy Ratschiller als Sänger, Songschreiber und Gitarrist, Valentin als Schlagzeuger und späterem Bandmanager, sowie Domenico Bartolini als erster Leadsänger, Andy Gozzi an der E-Gitarre und Pauly Ochner am Bass. Valentins damalige Tätigkeit in einem Schallplattengeschäft in Bozen kam den Musikerkollegen zugute, da sie so stets nah an den aktuellen Rock- und Pophits waren.
Die Strategie der beiden Brüder war erfolgreich. Schnell bildete sich um ihre melodische Rockband „Evelyn“ eine treue Fangemeinde. Die Band, die sich ohne Zweifel auf lokaler Ebene in die Reihe großer Rocklegenden wie Bon Jovi, Motley Crue oder Def Leoppard einreihen ließ, führte zu zahlreichen Live-Auftritten in ganz Südtirol und bis nach Österreich.
Den Höhepunkt der Bandgeschichte bildete im Jahr 1996 die Studioaufnahme und Produktion eines ersten „Demos“ in München, das später unter dem gleichnamigen Bandnamen mit fünf Titeln auch als CD erschien. Darunter befanden sich die bis dahin gefeierten lokalen Hits „To the Top“ und die Rockballade „Angel with a Broken Wing“, die spätestens seit der Veröffentlichung der Musik-CD in den Südtiroler Radiosendern rauf und runter gespielt wurden.
Die Geburtsstunde von „Cherry Moon“
Nach kurzer musikalischer Pause startete Tommy mit Manni Florian und Domenico Bartolini 1993 als „Cherry Moon“ im legendären Meraner Nachtlokal „Sugar Shake“ das nächste Musikprojekt. Der Bandname „Cherry Moon“ leitete sich vom Titel des bekannten Musikfilms der 1980er Jahre „Under the Cherry Moon“ ab, welcher von der Rocklegende Prince stammt. Das Repertoire der Band ähnelte dem von „Evelyn“ und beinhaltete harmonische Rockballaden, wobei diesmal ein besonderes Augenmerk auf akustische Stücke gelegt wurde.
Wieder gelang es den Brüdern mit ihrem Konzept ins Schwarze zu treffen, indem sie auf die aufkommende „Unplagged“-Welle aus England aufsprangen und sich damit ihren Platz in der Südtiroler Musikszene sicherten. Valentin, der zu Beginn noch am Tamburin aushalf, konzentrierte sich bald zunehmend auf das Vermitteln von Auftritten und das allgemeine Bandmanagement. Tommy hingegen übernahm erneut die Rolle des Frontmanns und Bandsängers.
Die Arrangements konzentrierten sich auf das Wesentliche, was im Laufe der Bandgeschichte auch die Tür für unterschiedliche Formationen öffnete. Nach der Feuertaufe der Band im „Sugar Shake“ folgten 1994 bereits rund 70 Auftritte in ganz Südtirol, was „Cherry Moon“ auch die Kür zur „Band des Jahres“ durch die Wochenzeitschrift „ZETT“ einbrachte. Im selben Jahr gewann die Band beim Acoustic-Wettbewerb in Schlanders den ersten Platz, bei den Musikgruppen aus ganz Südtirol und dem Trentino vertreten waren. Den Höhepunkt des Jahres bildeten weitere Auftritte in München, unter anderem bei einer der größten Rundfunkanstalten in Deutschland, Antenne Bayern.
Erste CD bricht Rekorde
1995 folgte die Veröffentlichung der ersten CD „Live at Sugar Shake“, die mit einer Verkaufszahl von rund 10.000 Tonträgern in Südtirol alle bisher bekannten Erfolge brach. Dies führte zur zweiten Auszeichnung als erfolgreichste Band von Südtirol, einer weiteren Einladung von Antenne Bayern nach München und zur Vertretung Italiens beim damaligen legendären Dreiländerfestival in der Schweiz. Zugleich wuchs um die Band eine enorme Fangemeinde, die für mehrere große Open-Airs in Südtirol und prallgefüllte Auftritte in lokalen Pubs und Diskotheken sorgte.
Die erste Eigenkomposition der Band „Now I Know“ wurde kurzerhand zum meistgespielten Song Südtiroler Radiostationen. Im Jahr 1996 tourte die Band, nicht zuletzt dank des unermüdlichen Einsatzes ihres Managers Valentin Ratschiller bereits durch ganz Südtirol, Österreich und Deutschland. Zugleich begannen im bekannten Münchner Tonstudio „Sky Studio“ die Vorbereitungen für Cherry Moons zweite CD „Heaven Can Wait“, die 1998 erschien. Cherry Moon hatte sich bis dahin längst zu einer lokalen Legende entwickelt. Ihre unvergesslichen Konzerte auf der Meraner Sommerpromenade waren ein fester Bestandteil der Kulturszene geworden.
Eine wesentliche Bereicherung für die Band wurde in diesen Jahren auch der Neuzugang des zweiten Hauptsängers und Gitarristen Horst Matzneller, der mit seinem Gesang eine weitere unverkennbare Stimme in die Musikgruppe einbrachte. Er übernahm damit den Part von Giordano Tassotti, der kurzzeitig in der Band mitwirkte. Außerdem erweiterte sich die Gruppe mit Rainer Höller am Bass und Andy Ranigler an den Keyboards sowie Attilio Rovai am Schlagwerk. In den darauffolgenden Jahren veröffentlichten Cherry Moon weitere Alben mit zunehmend mehr Eigenkompositionen von den beiden Songschreibern Tommy und Horst.
In den Jahren 2000 und 2001 spielte Cherry Moon unter der Leitung von Richard Sigmund und in Zusammenarbeit mit dem Jugendorchester von Meran ein weiteres musikalisches Werk unter dem Titel „A Kind of Session“ ein. Trotz zahlreicher Auftritte im In- und Ausland und dem unbändigen Traum vom großen Durchbruch gelang es Cherry Moon jedoch nicht, auf die internationale Bühne zu gelangen. Valentin Ratschiller gibt offen zu, dass es für eine lokale Band zu jener Zeit noch schwieriger war, sich bei internationalen Musiklabels und großen Rundfunkanstalten Gehör zu verschaffen.
Dennoch bleibt die in Burgstall verwurzelte Band landesweit eine der großen Musikgruppen der Geschichte der Südtiroler Musikszene. Nach mehreren Umstrukturierungen der Band veröffentlichte Cherry Moon mit „Inside“ im Jahr 2004 ihr vorerst letztes Album. Darauf folgte 2014 noch die letzte Mini-CD mit vier Songs unter dem Namen „Cherry Moon. Zwar war Tommy weiterhin als Solomusiker unterwegs, konzentrierte er sich ab 2004 allerdings zusammen mit seinem Bruder Valentin immer mehr auf die Arbeit am Mischpult hinter der Bühne.
Gianna Nannini in Burgstall
2008 eröffneten die Brüder ihr Tonstudio „Red Moon“ in Burgstall, in dem bis heute einheimische und auch internationale Künstler ein- und ausgingen. Ein Höhepunkt in der Geschichte des Studios war der Besuch der italienischen Pop-Ikone Gianna Nannini im Jahr 2005, die dort die endgültigen Gesangsspuren für ihre Hitsingle „Sei nell’ anima“ aufnahm. Außerdem betreiben die Ratschiller-Brüder neben den Studioaufnahmen auch ein Veranstaltungstechnik-Unternehmen.
Ein Revival von Cherry Moon ist nicht ausgeschlossen
Im Oktober 2018 deutete Tommy Ratschiller in einem Interview mit Roland Leitner auf Rai Südtirol ein mögliches Revival von Cherry Moon an. An Repertoire würde es dem talentierten Südtiroler Sänger jedenfalls nicht fehlen. Wie uns sein Bruder Valentin verrät, ist Tommys Leidenschaft für das Songschreiben bis heute ungebrochen. Man darf also gespannt sein, was sich im Musikstudio der beiden Künstler in Burgstall noch alles entwickeln wird.
Dieser Beitrag erschien in der Bezirkszeitung Die BAZ. Näheres unter diebaz.com. Hier geht’s zurück zur Startseite von tirol news!
Bildnachweis: Cherry Moon live in einem Südtiroler Nachtlokal © Privatarchiv/ Cherrymoon