Meran gedenkt der Opfer des NS-Regims auf dem Ex-Bosin-Kasernenareal

Kommandant Baessato, Bürgermeister Dal Medico und Vertreter der Jüdischen Gemeinschaft Meran Wenter am Ort des Gedenkens in der Luis Zuegg Straße in Meran

Anlässlich des Gedenktages der Opfer des Nationalsozialismus Ende Januar gedachte die Gemeinde Meran an die Befreiung des nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz vor 78 Jahren. An zwei Orten fanden die Gedenkfeiern statt: in der Otto-Huber-Straße vor der Statue des „Betenden Mädchens“ und im Gewerbegebiet Luis Zuegg in Untermais, dem Standort der ehemaligen Bosin-Kaserne.

An den beiden Gedenkveranstaltungen mit Kranzniederlegung, am 27. Januar, nahmen Bürgermeister Dario Dal Medico, der emeritierte Präsident der Jüdischen Kultusgemeinde Meran, Federico Steinhaus, der Vizepräsident, Mirko Wenter, der Kommandant des Alpini-Regiments „Julia“, Oberst Alberto Baessato, sowie zahlreiche zivile und militärische Behörden teil.

Auftakt der traditionellen Gedenkfeier machte die Kranzbeilegung auf dem Areal der ehemaligen Bosin-Kaserne in Untermais. Hier wurde am 27. Januar 2010 ein sogenannter Ort des Gedenkens feierlich eröffnet. Eine Anschlagtafel auf der überbleibenden Befestigungsmauer der Kaserne zeugt heute noch für die Geschichte des berüchtigten Standortes. Von 1938 bis 1939 befand sich hier eine Militäranlage des italienischen Grenzkommandos für den 13. Abschnittes des Alpenwalls und kennzeichnete die Befestigungslinie zwischen dem Vinschgau und dem Passeiertal. Bevor die Kaserne den Namen des italienischen Alpini-Hauptmannes Leone Bosin erhielt, war sie anfangs noch mit den Namen „Venosta“ benannt worden.

Leone Bosin und Anna Clauser Bosin

Der 1941 an der griechisch-albanesischen Front gefallene Hauptmann Bosin ging allen voran als Träger der silbernen Ehrenmedaille in die Geschichte Italiens ein. Weniger bekannt, aber dafür nicht weniger spannend, ist die Geschichte seiner verbliebenen Frau Anna Clauser Bosin.

Der Tod ihres Gattens und Vaters ihrer drei Kinder im Krieg, löste in ihr eine unheimlich tiefe Abneigung gegen den Faschismus aus. Diese ging dabei so weit, dass Anna wenige Jahre später, und zwar im Frühjahr 1944, sich dazu entschloss Teil der Partisanenverbände im Fleimstal zu werden und durch ihre Mithilfe bei Versorgung- und Verbindungsaufgaben die Gründung des dortigen Befreiungskomitees voranzutreiben.

Wie es das „Laboratorio di storia di Rovereto“ in ihrem Onlinebeitrag von Mai 2016 dokumentiert, wurde Anna im selben Jahr jedoch zusammen mit ihrer Schwester, ihrem Schwager und ihrem Onkel verhaftet. Annas Familie wurde am 18. Dezember zwar wieder freigelassen, sie selbst hingegen unter der Häftlingsnummer 8077 ins Lager von Bozen deportiert. Dort blieb sie bis Kriegsende als Gefangene inhaftiert. Nach ihrer Befreiung kehrte sie in ihre Heimat zurück und starb 1968 in Cavalese im Fleimstal.

Das Nebenlager des Bozner KZ-Lagers in der Luis-Zuegg-Straße

In der Zeit zwischen den Jahren 1943 und 1945 wurde die Ex Bosin-Kaserne zum Satellitenlager des Durchzugslagers von Bozen der Deutschen Wehrmacht. Wie es die Informationstafel am Standort beschreibt, gelang es um Weihnachten 1944 zwei jungen Frauen über die Umzäunungsmauer zu klettern und mithilfe von einigen Bürgern aus Meran zu fliehen. Die Rede ist von Ernesta Sonego und Albertina Brogliati.

Auf ihre Geschichte bezog sich bei den diesjährigen Feierlichkeiten auch Merans Bürgermeister Dal Medico. „Das Schicksal dieser beiden Frauen ist eine Seite des dunkelsten Kapitels unserer Geschichte“, beteuerte Dal Medico, „dieses Mal mit einem glücklichen Ende.“ Gleichzeitig sei sie aber auch eine unausweichliche Warnung an uns heute, uns allen Formen der Intoleranz zu widersetzen, und zwar von Anfang an. Meran dürfte deshalb Antisemitismus, Rassismus, Hass und Aufwiegelung keinen Raum geben. Dies sei die Verpflichtung, die uns in der Achtung vor dem Gedenken an alle Opfer der Shoah und der nazifaschistischen Untaten vereinen muss. Vor eben jenen, die gekämpft und sogar ihr Leben geopfert hatten, um den abscheulichen Verbrechen gegen die Menschheit ein Ende zu setzen, so der Appell des Bürgermeisters.

„Das betende Mädchen“ in der Otto-Huber-Straße

Die zweite Hauptveranstaltung zum Tag des Gedenkens, am 27. Januar, fand hingegen am zweiten Ort des Gedenkens, in der Otto-Huber-Straße, in der Meraner Innenstadt, statt. Vor dem Kunstwerk „Das betenden Mädchen“ des jüdischen Künstlers Géza Somoskeoy, dessen Mutter einst sogar Mitglied der Jüdischen Gemeinschaft von Meran war, gedachten die Teilnehmenden insbesondere an die jüdischen Opfer der Shoah. Umrahmt wurde diese Veranstaltung mit einem musikalischen Beitrag und Lesungen der Schüler des Kunst- und Sprachengymnasiums „Gymme Meran“.

Vom Militärareal zum Wirtschaftsstandort

Das Ende der Bosin-Kaserne, Anfang der 1990er Jahre, leitete in Untermais die Möglichkeit zur Erweiterung des Gewerbegebiets entlang der Luis Zuegg Straße ein. Seitdem hat sich die Zone zu einem attraktiven Standort für zahlreiche lokale Betriebe entwickelt.

Neuer Standort der Stadtwerke Meran

Seit dem 7. November 2022 befindet sich hier der neue Firmensitz der Stadtwerke Meran. Auf der Suche nach einer Alternative zum bisherigen Standort in der Europaallee fand man 2018 die ideale Lösung im damals sanierungsbedürftigen Gebäude an der Kreuzung zwischen Luis Zuegg und Albertina Brogliati Straße. Das heutige Resultat lässt sich zeigen; eine auf 1.500 m2 ausgelegte Betriebsfläche, bestehend aus Büros, schallisolierte Nischen, einer großräumigen Eingangshalle, sowie einem ansehnlichen Sitzungssaal, der in Zukunft auch lokalen Vereinen für Veranstaltungen oder anderweitige Zusammenkünfte zur Verfügung stehen soll. „Dieses offene Konzept unterstützt uns dabei, neue Ansätze von Führung, Kooperation und Zusammenarbeit zu etablieren“, beteuert SW-Präsident Hans Werner Wickertsheim in einem Interview mit dem Meraner Stadtanzeiger. In unmittelbarer Nähe des neuen Sitzes, in der Albertina-Brogliati-Straße, befindet sich außerdem seit September 2022 auch ein neuer Minirecyclinghof, der Meranern und Meranerinnen eine weitere Möglichkeit zur Abgabe von Recycling-Materialien bietet.

Erreichbarkeit des Standortes

Klimafreundlich erreichbar ist der Standort in Untermais sowohl mit dem Bus Nr. 6 als auch mit dem Rad über den übergemeindlichen Fahrradweg der Bezirksgemeinschaft. Für Besucher, die mit dem Auto unterwegs sind, bietet die Zone ausreichende Parkmöglichkeiten.

Dieser Beitrag erschien in leicht abgewandelter Fassung in der Bezirkszeitung Die BAZ. Näheres unter diebaz.com. Hier geht’s zurück zur Startseite von tirol news!

Bildnachweis: Oberst Baessato, Bürgermeister Dal Medico und Vertreter der Jüdischen Gemeinschaft Meran Wenter am Ort des Gedenkens in der Luis Zuegg Straße in Meran © Stadtgemeinde Meran
  • 17. Februar 2023