Der Tschögglberg: Heimat der Haflinger Pferde

Haflinger Pferde am Tschögglberg © TV-Hafling-Voeran-Meran-2000 MANUEL KOTTERSTEGER

Der Tschögglberg und der „Haflinger“ gehören eng zusammen. Nicht zuletzt befindet sich auch die gleichnamige Gemeinde auf diesem Gebiet. 2024 jährt sich die „offizielle“ Geburtsstunde der „Haflinger Pferde“-Rasse zum 150. Mal und fällt damit mit dem 70. Jubiläum des Südtiroler Haflinger Pferdezuchtverbandes zusammen. Ein Gespräch mit dem amtierenden Verbandspräsidenten Dr. Erich Messner über die Geschichte und Heimat der „Original Südtiroler Haflinger Pferde“.

Herr Dr. Messner, wie beginnt die Geschichte dieser einzigartige Pferderasse?

Dr. Messner: Wir können davon ausgehen, dass der Ursprung des Haflingers ein autochthones Kleinpferd war. Noch im Mittelalter gab es im Etschtal halbwilde Pferde, die das ganze Jahr sich selbst überlassen waren.

Wie weit reichen die ältesten Aufzeichnungen zurück?

Den Namen Haflinger kennt man für das Bergpferd aus Südtirol seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Wir wissen, dass es in Tirol schon um 1870 eine Kavallerie-Abteilung gab, die mit Haflinger beritten war.

Was machte den Haflinger als Lasttier damals so interessant?

Über Jahrhunderte war der Warentransport von der Etsch zum Inn über die Alpenpässe ein Privileg der in Tirol ansässigen Bevölkerung. Ein starkes, genügsames und kleines Lastpferd, wie der Haflinger, war somit von großer Wichtigkeit und wurde deshalb im Land selbst gezüchtet. Allein im Passeier gab es bis 1780 vierhundert solcher Saumpferde, die für den Warentransport über den Jaufen eingesetzt wurden.

Inwieweit trugen die örtlichen Gegebenheiten am Tschögglberg für das Aufkommen dieser Rasse bei?

Mit dem Ausbau der Straßen, besonders mit der Eröffnung des Kuntner-Wegs in der Eisackschlucht nördlich von Bozen, ging der Warentransport mit Saumpferde stark zurück. Wegen der schwierigen Wege ins Sarntal und dem sehr steilen Anstiegs hinauf zum Tschöggelberg war aber ein kräftiges Saumpferd weiterhin von großer Bedeutung.

Als eigentliche Geburtsstunde der Rasse gilt heute das Jahr 1874, damals wurde der Hengst “249 Folie“ geboren, auf den alle bedeutenden Vatertiere der heutigen Haflingerrasse zurückgehen.

Dr. Erich Messner, Präsident des Südtiroler Haflinger Pferdezuchtverbandes

Die Widerstandsfähigkeit und Robustheit dieser hellmähnigen Rasse machten die Pferde auch für Züchter zunehmend interessant. Damit kommen wir der Geburtsstunde des heutigen Südtiroler Haflinger Pferdezuchtverband näher. Wie beginnt die Geschichte des Haflinger Zuchtwesens in Südtirol?

Die Pferdezucht wurde in Tirol ab 1857 durch die österreichische Monarchie gefördert. Eine erste spezifische Förderung der Haflingerzucht gibt es zum ersten Mal 1875 und 1876 mit Pferdeprämierungen in Mölten und Sarnthein. Der Haflinger erreichte mit der steigenden Bedeutung Merans als Kurstadt nach 1871 Weltberühmtheit. Er wurde zum Modepferd des Adels, der ihn als Reitpferde im Gebirge verwendete. Nicht nur der Kaiser in Wien hatte Haflinger in seinen Pferdestallungen, auch der König von Bayern; auch der Adel in England ließ sich Haflinger aus Meran kommen, ja sogar der Zar von Russland schaffte sich in dieser Zeit Haflinger an.

Doch am Ende des 19. Jahrhunderts war der so geschätzte Haflinger plötzlich vom Aussterben bedroht. Die besten Pferde der sehr kleinen Rasse mit wenigen Zuchttieren waren in die ganze Welt verkauft worden und tatsächlich gab es um 1898 keine brauchbaren Zuchthengste mehr. Eine Pferdezuchtkommission aus Wien bereiste daraufhin das Haflingerzuchtgebiet und beschloss, mit Hengsten aus dem Vinschgau die Haflingerzucht zu retten.

Als eigentliche Geburtsstunde der Rasse gilt heute das Jahr 1874, damals wurde der Hengst “249 Folie“ geboren, auf den alle bedeutenden Vatertiere der heutigen Haflingerrasse zurückgehen. Daraufhin haben sich die Züchter vom Tschöggelberg 1903 zu einer Genossenschaft mit Sitz in Mölten zusammengeschlossen, um die Rasse „rein“ zu erhalten. Nach 1920 hat sich die italienische Verwaltung mit einem eigenen Zuchtprogramm der Haflingerrasse angenommen. So wurde 1924 der Verband zur Förderung der Haflingerzucht in Meran gegründet (S.I.C.A.M.), dem die Züchter des Sarntal, des Eisacktals, Jenesien und Vinschgau angeschlossen waren. Zwischen 1943 und 1945 wurde die Haflingerzucht Südtirols von der deutschnationalen Verwaltung anschließend neu organisiert. 1947 hatte man wieder an einen Zusammenschluss aller noch bestehenden Zuchtgenossenschaften gedacht und 1953 den Verband der Südtiroler Haflinger Pferdezuchtgenossenschaften mit Sitz in Bozen gegründet.    

Wer waren die treibenden Kräfte bei der Verbandsgründung? Wie ist er heute organisiert?

Treibende Kräfte waren die vor allem die Züchter aus dem Sarntal und von Jenesien. Während vor den Kriegen die jeweilige Militärverwaltung jährlich Haflingerpferde in Südtirol ankaufte, waren die Züchter jetzt auf sich gestellt und ein Verband sollte die Vermarktung der Pferde erleichtern. Heute ist der Südtiroler Haflinger Pferdezuchtverband eine Genossenschaft mit vielseitigen Aufgaben, die den Züchtern zugutekommen.   

2024 blickt der Zuchtverband nun auf eine 70 Jahre währende Verbandsgeschichte zurück und feiert zugleich weltweit 150 Jahre „Haflinger“. Was hat es damit auf sich?

Ich denke, dass es den Haflinger Züchtern darum geht, zu zeigen, was sie zur Erhaltung und Weiterentwicklung einer Pferderasse beigetragen haben, die zu den weltbekannten lebenden Kulturgütern Südtirols gehört. 150 Jahre Haflinger Zucht ist für ganz Südtirol und darüber hinaus, Anlass zu feiern.

Ab 1990 kam es zu einer entscheidenden Neuausrichtung in der Zucht: Der moderne Haflinger sollte zum Sportpferd weiterentwickelt werden.

Dr. Erich Messner

Was unterscheidet das heutige „Haflinger Pferd“ in seinen Eigenschaften von seinen Erzvätern?

Die Haflinger Pferdezucht hat in den 150 Jahren viele unterschiedliche Entwicklungen durchgemacht. Ursprünglich als Reitpferd fürs Gebirge bekannt und berühmt, wurde es auch immer schon als Saumpferd eingesetzt und vor dem leichten Reisewagen gespannt. Jede Militärbehörde, die im Land stationiert war, sah im Haflinger ein brauchbares Pferd für den Gebirgs-Krieg.  Erst nach 1950 wurde der Haflinger als „Arbeitspferd“ propagiert. Nach 1970 glaubte man den Haflinger als Freizeitpferde für den Tourismus einsetzen zu können und änderte das Zuchtziel. Ab 1990 kam es zu einer entscheidenden Neuausrichtung in der Zucht: Der moderne Haflinger sollte zum Sportpferd weiterentwickelt werden. Dazu war es nötig die Größe deutlich anzuheben und die Fuchsfarbe so zu vereinheitlichen, dass sie zum unverwechselbarem Rassemerkmal wurde.     

Beim Südtiroler Haflinger Pferdezuchtverband in Bozen ist heute auch der Sitz der Haflinger Welt- Zucht- und Sportvereinigung angegliedert, zu der weltweit insgesamt 24 Mitgliedsorganisationen gehören. Wie wurde der Haflinger schließlich zum „Globetrotter“?

Wie erwähnt wurde, war der Haflinger schon im 19. Jahrhundert ein weltbekannte Pferde-Rasse. Die heutige weltweite Verbreitung des Haflingers ist dem Geschäftsführer des Nordtiroler Haflinger Zuchtverbandes Ing. Otto Schweißgut zu verdanken. Von ihm ging auch die Idee einer Weltvereinigung aller Haflingerzüchter aus. Südtirol ist heute Mitglied der Haflinger Weltvereinigung und stellt damit bedeutende Mittel zur Führung der Vereinigung zur bereit.

Was macht die Rasse für ferne Länder ebenso interessant?

Überall wo Haflinger gehalten und gezüchtet werden, schätzt man vor allem seine einmaligen Wiedererkennungsmerkmale. Er kann vielseitig eingesetzt werden, er ist sehr anpassungs-fähig und charakterfest. In Nordamerika gibt es zum Beispiel mehrere tausend Haflinger, aber auch in Korea kommen Haflinger als Freizeitpferde zum Einsatz.

Welchen Stellenwert hat der Haflinger heute im weltweiten Vergleich der Spitzenpferde?

Der Haflinger mit guten Reiteigenschaften wird vor allem als vielseitiges Freizeitpferd geschätzt. Seine Haltung ist unkompliziert, er ist widerstandsfähig, gesund und langlebig. Vom Haflinger werden allgemein keine sportlichen Höchstleistungen erwartet, zu seinen Pluspunkten zählen seine einmaligen Wiedererkennungsmerkmale, seine sympathische Ausstrahlung und nicht zuletzt seine Schönheit.    

Trotz seiner Internationalität bleibt der Standort Südtirol für die Haflingerzucht weiter eine wichtige Anlaufstelle. Welche Aufgabe hat der Südtiroler Haflinger Pferdezuchtverband in diesem Zusammenhang?

Der Südtiroler Haflinger Pferdezuchtverband arbeitet seit Jahren intensiv in der Weltvereinigung mit und gehört sicher zu den aktivsten Mitgliedern der Vereinigung. Wir pflegen Kontakte mit den Zuchtverbänden aller europäischen Ländern und stellen interessierten Züchtern unser Knowhow zur Verfügung.   

Zu seinen Arbeitsfeldern gehören auch die Sensibilisierung und Aufwertung der Haflinger Pferde im Allgemeinen. Dazu zählt insbesondere die Austragung verschiedener Ausstellungen und Pferderennen. Mit dem Einstieg des Landes Südtirol in den Meraner Pferderennplatz könnten die Ambitionen der Haflinger Pferdezucht weiterausgebaut werden. Was können Sie uns davon verraten?

Die Haflingerzüchter wünschen sich einen fixen Veranstaltungsort für Großveranstaltungen, die im Laufe jedes Zuchtjahres anfallen. Dazu gehört die immer bedeutender werdende Hengstkörung. Und auch die Eintragung der Jungstuten ins Stutbuch hat sich in den letzten Jahren zu einer Großveranstaltung entwickelt, die international verfolgt wird. Im Herbst veranstaltet der Verband ein Fohlenchampionat kombiniert mit einer Online-Versteigerung. Es ergibt sich dadurch die Notwendigkeit einen Veranstaltungsort mit entsprechenden Strukturen zu finden: Meran, der Pferderennplatz und der Haflinger, da gilt es Synergien zu nutzen. 

Als Ursprungsland einer weltweit verbreiteten Rasse haben wir die Aufgabe, die Geschichte dieses Pferdes zu erforschen, zu dokumentieren und allen Interessierten zugänglich zu machen.

Dr. Erich Messner

Welches Potential sehen Sie als Verbandspräsident in der weiteren Aufwertung des Südtiroler Haflingers?

Der Südtiroler Haflinger Pferdezuchtverband hat die Aufgabe, sich für die Einmaligkeit der Rasse einzusetzen, seine genetische Vielfalt zu erhalten und als Genpool für die weltweit verstreuten Züchter zu sichern. Als Ursprungsland einer weltweit verbreiteten Rasse haben wir die Aufgabe, die Geschichte dieses Pferdes zu erforschen, zu dokumentieren und allen Interessierten zugänglich zu machen.

Wir können also gespannt sein, was die Zukunft in diesem Zusammenhang noch bereithält. Bis dahin freut sich der Südtiroler Pferdezuchtverband auf sein Jubiläums-Jahr 2024. Was steht auf dem Programm?

Die Züchter freuen sich auf eine Landesausstellung, auf der sie ihre wunderschönen Haflinger Pferde zeigen können. Es wird auch ein Rahmenprogramm geben, wo Haflinger ihre sportliche Eignung zeigen werden. Wir werden ein Pferde-Symposium organisieren, und Referenten einladen, die über die Zukunft des Pferdes im Allgemeinen und über das Haflinger Pferd im Besonderen berichten. Wir werden ein Buch zur Geschichte des Haflingerpferdes auflegen. Es gibt viele weitere Ideen, die wir zur gegebenen Zeit veröffentlichen werden.   

Dieser Beitrag erschien in leicht abgewandter Form in der Bezirkszeitung Die BAZ. Näheres unter diebaz.com. Hier geht’s zurück zur Startseite von tirol news!

Bildnachweis: Haflinger Pferde am Tschögglberg © Tourismusverein Hafling Meran2000 Vöran
  • 12. Juli 2023